Ausbildung zur Pflegefachkraft mit über 50
Petra Blumenröhr hat eine dreijährige Ausbildung zur Pflegefachkraft gemacht. Soweit, so normal. Die Erwitterin hat sich aber nicht in jungen Jahren nach ihrem Schulabschluss für diesen Berufsweg entschieden, sondern erst mit Anfang 50. Und das ist gerade in der Pflege gar nicht so selten. Den praktischen Teil ihrer Ausbildung hat Petra Blumenröhr bei uns im Ev. Seniorenzentrum von Bodelschwingh (ESZ) absolviert. Jetzt – nach ihrem Examen – bleibt sie bei uns und erzählt uns im Interview, wie es dazu gekommen ist, dass sie nach 35 Jahren noch einmal einen ganz neuen beruflichen Weg eingeschlagen hat.
Liebe Frau Blumenröhr, wie kommt man denn darauf, eine Ausbildung in der Pflege zu machen, wenn man schon über 30 Jahre was Anderes gemacht hat?
„Bereits 1989 habe ich meine dreijährige Ausbildung zur Kauffrau im Einzelhandel in einem Bekleidungsfachgeschäft abgeschlossen. Im Laufe der nächsten 30 Jahre habe ich meinen Beruf in verschiedenen Bereichen ausgeführt: Meine damaligen Schwiegereltern in ihrer Selbständigkeit in einem EDEKA-Markt unterstützt, zwischendurch zweifache Mama geworden und nebenbei Kosmetikdirektvertrieb; jahrelange Mitarbeit als Angestellte im ‚Buntstift‘, einem Fachgeschäft für Büro-, Schul- und Schreibwaren; zuletzt Kauffrau in einem Fleischereifachgeschäft.
Mit 50 Jahren habe ich mich nochmal für einen beruflichen Neuanfang entschieden. Die Kinder waren erwachsen, ich hatte wieder Zeit mich auf ‚Mich‘ zu konzentrieren. Dazu kamen viele Dinge, die mich an meinen vorherigen Arbeitsverhältnissen gestört haben: Die schlechten Rahmenbedingungen – wie Arbeitszeiten, Bezahlung, kaum Aufstiegsmöglichkeiten, körperliche hohe Belastung und hohes Stresslevel – sowie null Wertschätzung.“
Und wie kamen Sie dann ausgerechnet auf die Pflege? Der Branche sagt man ja auch nicht unbedingt die glamourösesten Arbeitsbedingungen nach…
„Ich habe mich reflektiert: Was möchte ich? Was sind meine Stärken? Es sollte auf jeden Fall etwas mit sozialer Arbeit zu tun haben. Pflege? Betreuung? Zu dem Zeitpunkt habe ich mich bereits um meine pflege- und hilfebedürftige Mutter gekümmert.
Mit diesem Anliegen habe ich mich dann an eine gute Freundin und ihren Mann gewendet, unseren ehemaligen Einrichtungsleiter. Dieser bot mir ein Praktikum im ESZ an. Nach einer Woche Hospitieren im Bereich Pflege und Betreuung stand für mich schnell fest: ‚Pflege – das ist mein Ding!‘ Acht Wochen später, im November 2020, fing ich bereits im ESZ als Pflegehelferin an. Die ersten Wochen waren eine echte Herausforderung für mich, die ich mit Unterstützung durch das Team vom Wohnbereich 2 und meiner großen Motivation, zu lernen, sehr gut bewältigt habe. Dann kam die Coronapandemie: Ich war noch nicht richtig angelernt, man wurde quasi ‚ins kalte Wasser gestoßen‘, musste funktionieren.
Aber: Ich habe auch die Erfahrung gemacht, wie wichtig Teamarbeit gerade in schwierigen Zeiten ist! Trotz erschwertem Start verlor ich nicht meine Begeisterung für den neuen Beruf. Ganz im Gegenteil, ich wollte noch mehr bewirken und helfen, verstehen was ich jeden Tag mache, mich weiterentwickeln. Unterstützt durch meinen damaligen Einrichtungsleiter, der mir Mut machte trotz meines Alters oder genau wegen meines Alters und meiner Lebenserfahrung, diesen Schritt zu wagen, entschied ich mich für die dreijährige Ausbildung zur Pflegefachfrau. Und habe es auch bis heute nicht bereut.“
Was motiviert Sie denn nach wie vor so stark?
„In der Pflege zu arbeiten ist wirklich schön. Man weiß, man tut etwas Sinnvolles, etwas Gutes, wird gebraucht, und die Menschen, die man versorgt, geben einem so viel zurück: Ein ‚Danke‘, ein ‚schön, dass Sie da sind‘, ein ‚Lächeln‘. Man kann enorm viel bewirken, hat Verantwortung. Es gibt kaum einen anderen Beruf mit so vielen Möglichkeiten und Einsatzorten. Kein Tag ist wie der andere, es wird nie langweilig. Man lernt so viele interessante Menschen kennen. Man hat unzählige Möglichkeiten sich fort- und weiterzubilden. Pflegefachkräfte werden immer und überall gesucht, man kann sich seinen Arbeitgeber quasi aussuchen.“
Was hat Ihnen besonders gefallen an der Ausbildung?
„Generell erstmal wieder das Lernen, Verstehen, und Gefordertwerden nach so vielen Jahren, Weiterentwickeln, …. Toll waren auch die theoretischen Blöcke an der SMMP Gesundheitsakademie: wir hatten einen tollen kleinen Kurs, eine gute Klassengemeinschaft (mit denen auch privat mal so manche Party zusammen gefeiert wurde, was ja auch die Gemeinschaft fördert), zusammen das Lernen machte Spaß und wir hatten gute Dozenten, die uns von Anfang an unterstützten.
Die vielen verschiedenen externen Praxiseinsätze geben einem die Möglichkeit, zu erfahren, was einem liegt und wohin der Weg nach der Ausbildung geht. Außerdem konnte man viele Erfahrungen sammeln und viele interessante Menschen kennenlernen. Besonders der Einsatz beim Ambulanten Dienst hatte einen hohen Lernfaktor für mich durch die vielen verschiedenen Touren, Herausforderungen und Erfahrungen. Und ein großes Plus war hier: Der Praxisanleiter war zu jeder Zeit vor Ort!
Erreichte Kompetenzen konnte ich sofort in meiner Einrichtung umsetzen. Mit jedem Einsatz merkt man, wie man sich weiterentwickelt, und das gibt einem ein gutes Gefühl.“
Würden Sie etwas an der Ausbildung ändern, wenn Sie könnten?
„Die generalistische Ausbildung beinhaltet unter anderem einen Praxiseinsatz in der Pädiatrie. Es gab aber keine Plätze in pädiatrischen stationären Einrichtungen, sodass man gezwungen war, diesen Einsatz in Kindergärten oder bei Kinderärzten (Letzteres war auch kaum umsetzbar) zu absolvieren. Ich habe diesen Einsatz in einem Integrationskindergarten gemacht, es war auch eine interessante Zeit mit hohem Spaßfaktor, für die Ausbildung hat es mir aber nicht viel gebracht. Es müssten mehr Möglichkeiten geschaffen werden, auch wirklich die „Kinderkrankenpflege“ kennenzulernen.
Darüber hinaus hätte ich mir mehr Unterstützung durch Praxisanleitung generell gewünscht. Außerdem fände ich es gut, die Sichtungsbesuche der Dozenten in den praktischen Einsätzen mit praktischen Übungen zu kombinieren. Denn Praxis und Theorie sind zweierlei, und so ist man für das praktische Vorexamen bzw. praktische Examen besser vorbereitet und routinierter.
Warum haben Sie sich für die Ausbildung für das ESZ entschieden, und – vor allen Dingen – warum möchten Sie auch nach Ihrem Examen hier weiterarbeiten?
„Wie bereits erwähnt, habe ich vor meiner Ausbildung schon gerne im ESZ gearbeitet. Da kam für mich gar kein anderes Haus in Frage.
Nach wie vor fühle ich mich wohl hier. Die Einrichtung ist überschaubar, teils familiär, hier kennt fast jeder Jeden. Ich habe das Gefühl, ich werde gut unterstützt, ob durchs Team, meinen Wohnbereichsleiter, Einrichtungsleiter oder die Pflegedienstleitung. Das richtige Umsetzen der erlernten Kompetenzen und die Praxiserfahrung beginnen meiner Meinung nach erst nach dem Examen. Es ist einfacher, wenn man bereits das Haus, Abläufe, Bewohner*innen und das Team kennt.
Ich als Mensch und meine Arbeit werden besonders durch unsere Einrichtungsleitung gewertschätzt und die Tür steht immer offen. Ich lasse mir aber noch alles offen, mal schauen wohin mich mein Weg noch führen wird. Ein Schritt nach dem anderen.“
PERSÖNLICH
Petra Blumeröhr ist gebürtige Lippstädterin, wohnt aber schon seit 28 Jahren in Erwitte Völlinghausen. Sie ist ein sehr kreativer Mensch und beschäftigt sich in ihrer Freizeit gerne mit Malerei, Nähen mit der Nähmaschine, Kochen und Backen geht. Die 54-Jährige bezeichnet sich selbst als gesellig und verbringt gerne Zeit mit der Familie und Freunden. Außerdem hält sie sich gerne in der Natur auf, egal ob Garten, Camping, Wandern oder E-Biking.